Eingangsbereich der Messe mit Infoständen
© M. Hendler

(mh und kg) Habe ihr schon einmal etwas von der HORIZON Messe gehört? Wenn ihr aus Münster und Umgebung kommt bestimmt. Diese Messe ist eine Jobmesse für Jugendliche und junge Erwachsene, die sich noch nicht sicher sind, was sie nach der Schule machen wollen. Die Messe fand am 05. und 06. März 2022 wie jedes Jahr in der Halle Münsterland statt. Zwei Jugendredakteure* von Kanello waren vor Ort und haben nachgeforscht. Bringt diese Messe einem überhaupt etwas?

Unsere Erfahrungen

Falls ihr skeptisch seid: Waren wir auch. Wir haben uns nicht viel von einem Besuch versprochen. Was sollen die uns schon erzählen? Aber wir sind trotzdem hingegangen und können im Nachhinein sagen: Das solltet ihr auch. Und so ist es bei uns gelaufen:

Wir folgen dem Schild “Eingang” der Halle Münsterland und übersehen gekonnt den Info-Stand vorne in der Mitte. Etwas orientierungslos schlendern wir umher und werden sogleich von einer freundlichen Frau von einem der Stände angesprochen. Sie stellt uns den ASB vor, fragt wie alt wir seien und wann wir Abitur machen würden. 2024. Sie meint, wir seien sehr früh dran und dass die meisten erst kurz vor dem Abitur herkommen würden. Aber es sei schließlich nie zu früh sich zu informieren. Außerdem findet sie, man müsse noch gar keinen genauen Plan haben, was man nach der Schule machen will. Einfach ausprobieren und schauen was Spaß macht. Wir nicken, stellen ein paar Fragen, bekommen Flyer in die Hand gedrückt. Dann geht es weiter zwischen den Ständen her.

Anfangs lassen wir uns treiben und warten, an welchen Ständen wir angesprochen werden. Man gewöhnt sich schnell an den Ablauf, einfach etwas interessiert schauen und schon wird man gefragt, ob man gerne etwas zu dieser Universität hören möchte. Natürlich. Und möchten Sie vielleicht auch einen Kugelschreiber? Selbstverständlich. Und einen Jutebeutel? Warum nicht.

Nach einer Zeit werden wir mutiger und suchen uns jetzt selbst die Stände aus, mit denen wir sprechen möchten. Wir gehen zum Stand der Bundeswehr, wo gerade niemand von den Besucher*innen steht. Wir schauen uns die Flyer an, bis ein Mann mit Sternen am Hemd auf uns zu kommt. Wie wir sogleich erfahren, ist er selbst beim Militär, ist früher Panzer gefahren und arbeitet jetzt in der Außenarbeit. Er erklärt uns die Ausbildung zum*r Soldat*in mit einer schwer zu beschreibenden Begeisterung, die uns mitreißt. Wir hören von Luft- und Bodentruppen, von der Marine, den verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten, von den Stadien in einer 13-jährigen Ausbildung, von Fortbildungen, wie man neben der Ausbildung studiert und so weiter und so fort. Hinterher verlassen wir den Stand begeistert und mit vielen Flyern zum Nachlesen.

Und das ist eine Sache, die mich (Marlene) erschreckt hat: Ich will nicht zur Bundeswehr. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, andere Menschen zu erschießen, ich will keinen Panzer fahren und nicht mit dem Schleudersitz aus Hubschraubern geschossen werden. Und trotzdem war ich nach diesem Gespräch überzeugt, dass eine Zukunft bei der Bundeswehr das Richtige für mich sein könnte. Mittlerweile wurde ich von einem Freund zurück auf den Boden der Tatsachen geholt.

Die Moral von der Geschichte: Lasst euch zu nichts überreden und vergesst eure eigenen Vorstellungen nicht! Es klingt dort alles so toll, aber es gibt auch immer die Kehrseite der Medaille. Bei Soldat*innen zum Beispiel eine PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) nach Erfahrungen im Einsatz/Krieg. Das soll natürlich nicht heißen, dass man sich nichts Neues anschauen soll, dafür ist die Messe schließlich da.

Zurück zu unserem Besuch. Nach der Zeit beim Stand der Bundeswehr brauchen wir eine Pause und beschließen, erstmal etwas zu essen. Das muss schließlich auch getestet werden. Während wir Pommes essen, fällt uns auf, dass immer mehr Jugendliche eintrudeln, die meisten mit ihren Eltern.

Als wir dieses Mal die große Halle betreten, bemerken wir auch endlichen den Infostand. Dort orientieren wir uns und suchen dieses Mal gezielt nach Gebieten, die uns interessieren. Wir finden einen Stand zum Philosophiestudium, bei dem wir wieder eine Menge Flyer bekommen, in denen die verschieden Schwerpunkte erklärt werden. Der Student, der für den Stand zuständig ist, erklärt uns die verschiedenen Semester, die Projekte und erzählt von seinem eigenen Studium.

Weiter geht es zu einem Stand, an dem mit einem Projektor ein Sandkasten in eine Bergkarte verwandelt wird. Wir erschaffen Wasser und sehen, wie es den Berg hinunterfließt und sich in einem Loch im Sandkasten sammelt. Beim Stand zum Physikstudium an der Universität Oldenburg erklärt uns ein Professor mit leuchtenden Augen, warum Physik das spannendste Fach fürs Studium ist, wie Physik in der heutigen Welt eingesetzt wird, wie man Physik auf Lehramt studiert und irgendwann, wie wir einen Nobelpreis gewinne könnten. Falls uns jemand zuvorkommen möchte: Man soll Stromleitung bauen, die beim Transportieren von Strom keine Energie verlieren. Dafür muss man im Prinzip nur machen, dass sich die Leitungen verhalten, wie wenn sie sehr, sehr kalt sind. So kalt, dass er die Einheit Kelvin für die Temperatur verwendet hat. Ansatzweise wurde das auch schon geschafft, ihr solltet euch also beeilen.

Wir laufen weiter, sehen uns noch einige weitere Stände an, werden von hier nach dort und wieder zurück getrieben. Als wir gerade denken, wir hätte alles gesehen, finden wir noch zwei interessant aussehende Stände. Beim ersten geht es um Wirtschaft und Start-ups, beim zweiten ums Jobben im Ausland. Uns wird das Konzept anhand einer Internetseite vorgestellt und wir erhalten mal wieder Werbeartikel. (Sogar eine Schlafmaske war dabei, was immer das heißen mag.)

Jetzt haben wir endgültig genug gesehen. Wir verlassen das Gebäude, während durch die Eingangstür immer mehr Jugendliche kommen. Insgesamt waren wir ca. 3,5 Stunden auf der Messe. Für uns hat es sich gelohnt. Wir konnten etwas für uns persönlich mitnehmen. Ich weiß zwar immer noch nicht genau, was ich machen möchte, aber immerhin habe ich eine Vorstellung, in welche Richtung es gehen könnte und was ich für mich ausschließen kann.

Also, probiert es aus! Geht hin und wenn es euch nicht gefällt geht wieder, aber wenn ihr etwas mitnehmen könnt seid ihr hinterher sicher froh, es gemacht zu haben.

Was spricht für die Messe?

  • Es gab viele unterschiedliche Aussteller, sodass für alle was dabei ist. Ob zukünftige Arbeitgeber, Universitäten, Anbieter für Freiwilligenarbeit oder Organisationen für ein Auslandsjahr, hier findet man sie alle.
  • Der Eintritt ist kostenlos. 
  • Die Mitarbeitenden der Stände waren meist engagiert, um uns ihr Angebot näher zu bringen. Sie waren sehr gut informiert, hatten oft selbst Erfahrungen mit der Organisation und konnten so alle Fragen beantworten. 
  • Die Messe war gut strukturiert, die Halle war nicht zu voll und es gab genügend Platz zwischen den Ständen, um sich (auch mit Corona) sicher zu fühlen. Es wurden außerdem am Anfang Impf- und Testnachweise geprüft, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren.
  • Durch einen Infostand, einen Lageplan (Foto) und verschiedene vorbereitete Routen war es einfach, sich auf der Messe sowohl thematisch als auch räumlich zu orientieren.
  • Auf der Internetseite der Messe kann man sich im Voraus informieren, welche Aussteller sich auf der Messe finden lassen und so gezielt nach eigenen Interessen suchen. 
  • Man kann auf der Messe Kontakte knüpfen, sich bei Newslettern eintragen und E-Mail-Adressen von Verantwortlichen sammeln, die man bei Fragen später noch kontaktieren kann.
  • Es gab einen Imbiss.
  • Hinterher wurde man über die angegebene E-Mail gebeten, an einer Umfrage teilnehmen, bei der man positive und negative Kritik zur Messe äußern konnte. Die Organisator*innen versuchen ihr Konzept ständig zu verbessern und es auf die Jugendlichen abzustimmen. 

Was könnte besser sein?

  • An den Ständen stehen einzelne Universitäten und Institutionen, die natürlich von sich selbst überzeugen wollen. Dadurch entsteht eine sehr einseitige Aufklärung, da die Organisationen hauptsächlich die positiven Aspekte darstellen. Anstatt generell über verschiedene Möglichkeiten aufzuklären (z. B. ein Physikstudium, an welchen Universitäten es angeboten wird, was die Vor- und Nachteile sind, etc.) entsteht so beinahe eine Werbekultur, bei der das Ziel eher das Anwerben der Jugendlichen zur eigenen Organisation zu sein scheint, als ihnen zu helfen den eigenen, für sie richtigen Weg zu finden.
  • Man weiß nach der Messe zwar ungefähr, was es für verschiedene Möglichkeiten gibt, aber wie man dort hinkommt (Anmeldung, Anmeldefristen, was passiert direkt nach dem Abi, Aufnahmeprüfungen, etc.) werden kaum diskutiert. Falls euch das also wichtig ist: Nachfragen!
  • Den Eindruck, den man auf ein Studium oder ein Berufsfeld hat, hängt stark von den einzelnen Menschen ab, die einem das Fach vorstellen. An Ständen, an denen begeisterte, offene und selbstbewusste Menschen stehen bleibt man länger stehen und ist man selbst begeisterter, als an anderen Ständen.
  • Es gibt sehr viel Werbematerial, was auf der einen Seite lustig ist solange man dort ist, auf der anderen Seite aber auch sehr verschwenderisch verteilt wird.

Fazit

Die Messe ist gut, wenn man schon ungefähr eine Idee hat, wie das alles generell nach der Schule funktioniert (Auslandsjahr, Unis, FSJ etc.). Sie kann auch sinnvoll sein, wenn man sich für einen der Aussteller interessiert und sich einen genaueren Eindruck von diesem verschaffen will. Auf der anderen Seite kann man leicht durch beflügelte Reden beeinflusst werden und wer noch gar keinen Plan hat, findet hier wahrscheinlich nicht die Antwort auf alle Fragen. Man sollte unbedingt vor der Entscheidung noch andere Informationsquelle heranziehen, um eine ausgewogene Grundlage zu schaffen. Trotzdem schadet es auf keinen Fall, die Horizon-Messe einmal zu besuchen.

Es finden vielleicht nicht alle den Traumjob fürs Leben und es wissen auch nicht alle danach, was sie nach dem Abi machen wollen. Dafür wird durch die große Auswahl an Ausstellern ein Bild vermittelt, das ein bisschen die Angst vor der Zukunft nehmen kann: Es gibt so viele Möglichkeiten, da ist für alle was dabei. Man kann ganz viele Sachen ausprobieren und in den meisten Fällen einfach wieder aufhören, wenn man merkt, dass das doch nichts für einen ist. Außerdem ist die Messe ein relativ einfacher Weg, sich überhaupt Informationen zu verschaffen und kann ein guter Einstieg in das Thema sein. 

Ausblick

Die nächste Messe in Münster findet im März 2023 statt, genaue Daten stehen noch nicht fest. Die Aussteller werden 6 Wochen vorher bekanntgegeben, doch schon jetzt kann man sich auf der Internetseite im Ausstellerverzeichnis über mögliche informieren. 

In anderen Städten finden auch dieses Jahr noch Messen statt, die letzte am 7. und 8. Mai 2022 in Stuttgart. Weitere Termine findet ihr wieder auf der Internetseite der Messe.